Erinnerungspolitik in Deutschland – Gespräch mit internationaler Delegation

Wie Gedenken und Erinnern in der heutigen Zeit aussehen kann, darüber sprach Hiltrud Lotze, die SPD-Berichterstatterin für den Themenbereich „Gedenken und Erinnern“ mit einer Delegation internationaler Wissenschaftler und Journalisten in Berlin. Eine Woche lang bereist die Delegation Deutschland um sich darüber zu informieren, wie hierzulande an die Geschichte des 20. Jahrhunderts und den Zweiten Weltkrieg erinnert wird.

Hiltrud Lotze, MdB

Erinnern und Gedenken ist 2014 und 2015 präsenter denn je. Viele runde historische Jahrestage wurden oder werden noch begangen: So jährte sich 2014 der Ausbruch des ersten Weltkriegs zum 100. Mal, gleichzeitig kann 2015 mit 25 Jahre deutscher Einigung ein freudiges Ereignis gefeiert werden. In diesem Jahr wird unter anderem erinnert an die Befreiung von Auschwitz und das Ende des Zweiten Weltkrieges. „Auch wenn diese Ereignisse schon lange zurückliegen, ist die Erinnerung daran von großer Bedeutung. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit hilft bei der selbstkritischen Betrachtung von Gegenwart und Zukunft. Sie ist ein Teil von Demokratiebildung, insbesondere für die jüngeren Generationen, die Krieg und Totalitarismus nicht selber erfahren haben“, sagt Hiltrud Lotze.

Ein positives Beispiel für eine gelungene Gedenkveranstaltung auf kommunaler Ebene seien die Feierlichkeiten anlässlich der Teilkapitulation auf dem Timeloberg am 4. Mai gewesen. Dort seien auch Jugendliche aus der französischen Partnergemeinde der Samtgemeinde Ostheide und Colonel Andrew Reynolds von den britischen Streitkräften dabei gewesen.

Auch die SPD-Bundestagsfraktion habe die Bestrebung, Erinnerungspolitik internationaler zu gestalten. Davon berichtete Hiltrud Lotze der Delegation in Berlin.  „Schließlich waren die Weltkriege, die Erfahrungen von totalitären Regimen, aber auch die Demokratie- und Freiheitbewegungen der 1980er Jahre keine exklusiv deutschen Erfahrungen. Es lohnt sich also, über den eigenen Tellerrand zu blicken und europäisch und international zu erinnern und zu gedenken. Ein guter Schritt in diese Richtung ist hier das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität. Deutschland ist eines der Gründungsmitglieder“, so Hiltrud Lotze.

Die Teilnehmer der Delegation waren unter anderem aus Taiwan, Island, Griechenland, Russland, der Türkei und El Salvador angereist. Sie bekundeten ihren Respekt für den Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte und berichteten von ihren eigenen Erfahrungen mit Erinnerungspolitik. Thematisiert wurden auch Themen wie Alltagsrassismus in Deutschland, Eurozentrismus, der Umgang mit Flüchtlingen oder die Aufarbeitung des Herero-Genozids in Namibia. Die Delegation bleibt noch bis zum 9. Mai in der Bundesrepublik und wird neben mehreren Fachgesprächen verschiedene Orte des Gedenkens in Berlin und Dresden besuchen.